Holokratie – Aufbruch in eine neue Arbeitswelt

Das Zeitalter von neuen Arbeitsformen ist angebrochen. Der Arbeitsmarkt befindet sich in einer intensiven Umbruchphase und hat sich bereits stark gewandelt. Es gibt zahlreiche Beispiele von neuen Arbeitsformen die sich in den letzten Jahren durchgesetzt haben und heute vielerorts zur Normalität gehören. Dazu zählen beispielsweise Desksharing, um Kapazitäten perfekt zu nutzen und Leerläufe zu vermeiden oder CoWorking, welches vorsieht, Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen zusammenzuführen und dadurch ein kreatives, innovatives und dynamisches Arbeitsumfeld zu schaffen. Zusätzlich treten auch kontinuierlich neue Begriffe in den Vordergrund, wie die Work-LifeIntegration, gemeint ist damit die perfekte Vereinbarung von Privatleben und Beruf, unterstützt durch Home-Office oder Job Sharing. Solche Formen haben sich bereits bestens etabliert. Mit der fortschreitenden Globalisierung und Digitalisierung kommen nun noch ganz neue Begriffe zum Vorschein, so wie zum Beispiel «Liquid Leadership», «Cynefin» oder «Holokratie». Letztere möchte ich Ihnen in diesem Blogbeitrag gerne etwas näherbringen, da diese stark im Trend ist und auch schon von Firmen in der Schweiz eingesetzt wird. Der Begriff Holokratie oder im englischen auch «Holocracy» genannt, wurde durch den Unternehmer Brian Robertson geprägt. Er setzte diese Arbeitsform erstmals in seinem eigenen Unternehmen ein und veröffentlichte 2015 ein Buch darüber (Holacracy: Ein revolutionäres Management-System für eine volatile Welt, Brian J. Robertson, 2015). Die Holokratie wird als eine der vielversprechendsten Organisationsformen der Zukunft gehandelt. Die grundlegende Idee ist, dass Hierarchien und Ebenen vollständig abgeschafft werden. Im Gegensatz zu klassischen hierarchischen Organisationsstrukturen setzt die Holokratie stark auf die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden. Sie sieht vor, dass alle Mitarbeitenden das gleiche Mitspracherecht haben. Grundlegende Vorteile sind also neben flachen Hierarchien, auch hohe Selbstverantwortung und schnelle Kommunikation sowie die Förderung von Innovation.

Doch wie genau funktioniert nun diese vielversprechende Organisationsform?

Grundsätzlich ist eine Organisation nicht mehr in strenge Hierarchien, sondern in Rollen und Kreise unterteilt. Es gibt übergeordnete und untergeordnete Kreise. Innerhalb von solchen Kreisen gibt es besagte Rollen, die von einem oder von verschiedenen Mitarbeitenden ausgefüllt werden können. Gleichzeitig können einzelne Mitarbeitende mehrere Rollen in unterschiedlichen Kreisen innehaben. Um Verbindungen zwischen den einzelnen Kreisen herzustellen gibt es sogenannte Lead- und RepLinks. Ein Lead Link verbindet Rollen innerhalb eines Kreises, ein Rep Link ist dafür da, die Arbeit aus einem Kreis für andere Kreise transparent zu machen. Zusätzlich zu dieser grundlegenden Struktur gibt es klar formulierte Regeln, welche in der sogenannten „Holocracy Constitution“, einer Art Verfassung, festgehalten sind. An einem Beispiel verdeutlicht, wird die Struktur etwas klarer: Ein solcher Kreis könnte das Marketing sein, ein anderer die Finanzen und ein dritter die Produktion. Eine Person kann sowohl für einen, wie auch für mehrere Kreise tätig sein. Ist die Organisation grösser und komplexer, können die einzelnen Kreise wiederum in Unterkreise aufgegliedert werden. Beispielsweise gibt es im Kreis Marketing die Unterkreise soziale Medien, TV-Werbung und Plakat-Kampagnen. In jedem Zuständigkeitsbereich, welcher einer Person zugewiesen ist, kann die betreffende Person frei handeln und eigenständig Entscheidungen treffen. Es müssen keine Bewilligungen oder Erlaubnis beim Vorgesetzten eingeholt werden. Damit jedoch kein Chaos ausbricht, ist ein festes Regelwerk, wie die oben erwähnte „Holacracy Constitution“ von zentraler Bedeutung. Darin werden folgende vier wichtige Grundsätze geregelt und definiert:

1. Double-Linking: Ohne Kommunikation geht nichts. Gerade in einem solchen System mit flachen Hierarchien ist eine direkte Kommunikation enorm wichtig. Aus diesem Grund sollte in jedem der Kreise eine oder mehrere Personen, gezielt die Kommunikation zu den jeweils anderen Kreisen übernehmen. Dies passiert über die schon beschriebenen Lead- und RepLinks.

2. Trennung von operativen und Steuerungstreffen: Im holokratischen System gibt es zwei Arten von Treffen: Die operativen Treffen und die Steuerungstreffen. Die operativen Treffen finden auf der Unternehmensebene statt, um das Tagesgeschäft zu organisieren. Wie oben erwähnt ist jeder Kreis selbst für seine Steuerung zuständig. Die Steuerungstreffen finden weniger regelmässig statt und dienen ausschliesslich der Anpassung und Neudefinition von Rollen und Kreisen.

3. „Rollen“ statt Personen: Es gibt eine klare Trennung zwischen Person und Rolle. Der erste Schritt besteht also darin, die verschiedenen Rollen und ihre Zuständigkeitsbereiche klar zu definieren. Anschliessend werden diese Rollen durch Personen besetzt.

4. Integrative Entscheidungsfindung: Zu guter Letzt zeichnet sich Holokratie dadurch aus, dass alle Personen in einem Kreis ein Stimmrecht besitzen. Dabei ist stets die Sache im Fokus der Entscheidung. Zeigt sich ein Entscheid als nicht optimal, kann dieser jederzeit korrigiert und Kreise sowie Rollen verändert werden

Was sind denn nun die Vorteile einer solchen Organisationsstruktur?

Diese Organisationsform macht es möglich, Kreise und Rollen flexibel zu verändern und den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Durch diese Flexibilität können Prozesse und Abläufe schnell verändert und verbessert werden, was wiederum die Kreativität wie auch Innovation zulässt und fördert. Die oft wechselnden und sich verändernden Rollen führen gleichzeitig zu einem abwechslungsreichen Arbeiten. Dem einzelnen Mitarbeitenden wird zudem eine viel grössere Verantwortung übertragen. Jeder ist für das, was er tut, verantwortlich. Die erhöhte Entscheidungskompetenz kann sich positiv auf die Arbeitsmoral auswirken. Ebenfalls wird die Verantwortung, die bis anhin der Chef alleine getragen hat, auf mehrere Personen verteilt. Prozesse werden grundsätzlich transparenter und die Kommunikation findet viel direkter statt. Gespräche finden auf Augenhöhe statt und es entsteht eine lockere und entspannte Arbeitsatmosphäre. Am Ende bleibt die Holokratie ein Phänomen, das bereits in einigen Unternehmen, vor allen in den USA und Deutschland, erfolgreich eingeführt wurde. Auch in der Schweiz hält diese neue Organisationsform bereits Einzug. Zuletzt haben einzelne Abteilungen der Swisscom die Holokratie eingeführt. Die Holokratie ist sicherlich nicht für jedes Unternehmen geeignet, zeigt aber deutlich den Trend auf, Mitarbeitende immer stärker in die Verantwortung einzubinden, was von Mitarbeitenden zunehmend andere Kompetenzen erfordert, die es aufzubauen und zu fördern gilt.

Laura Jau Organisationsberaterin

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