«Zu warm und wieder mit Verspätung»

In der Morgendämmerung begleitet von lautem Vogelgezwitscher und sommerlicher Wärme, begebe ich mich auf den Weg zum Bahnhof. Bald schon treffe ich auf die ersten altbekannten Gesichter, welche sich, wie ich, jeden Morgen dazu entscheiden mit dem Zug zur Arbeit zu fahren. Ich geniesse die warme Morgenluft und die morgendliche Ruhe. Vom Café her weht der Duft der ersten frischen Espressi. Am Bahnsteig angekommen beschwert sich eine Person über die Wärme: «Heute ist es mir zu warm und der Zug hat schon wieder eine Minute Verspätung». Müde lächelnd frage ich mich, wieso man sich über solch banale Dinge beklagt.

Doch Klagen ist für viele Menschen an der Tagesordnung. Die Unzufriedenheit über belanglose Dinge wird oftmals lauthals in die Welt posaunt, ohne gross positive Aspekte einer Situation zu betrachten. Man spricht in der Fachsprache von expressivem Klagen, wenn kein bewusster Zweck verfolgt wird, wie beispielsweise das Gegenüber zu einer bestimmten Handlung zu motivieren. In erster Linie wird expressiv geklagt, um Frustration abzubauen und soziale Anteilnahme zu erfahren. Doch ist expressives Klagen tatsächlich mit einem Mehrwert verbunden? Ist es förderlich oder gibt es bessere Möglichkeiten seinem Frust Luft zu geben? Folgend werde ich mich mit diesen Fragen auseinandersetzen.

Klagen führt nicht wie oftmals vermutet dazu, dass man sich besser fühlt, sondern bewirkt in der Regel das Gegenteil. Der Fokus auf den negativen Emotionen führt dazu, dass Menschen impulsiv zu handeln beginnen, was in Ärger und Frust resultiert. Das ursprüngliche Ziel, einen besseren Gefühlszustand zu erreichen und Frustration abzubauen wird somit nicht erfüllt. Des Weiteren ermüden Klagen die zuhörende Person, führen zu einer destruktiven und einseitigen Kommunikation und im schlimmsten Falle gar zu sozialer Isolation. Von sozialer Anteilnahme kann also auch nicht gesprochen werden. Doch damit noch nicht genug. Es gibt Forscher, die vermuten, dass ständiges Klagen neuronale Verbindungen im Hippocampus zerstört. Der Hippocampus übernimmt im menschlichen Gehirn eine Problemlösefunktion. Werden also neuronale Verbindungen zerstört, führt dies zu einem schlechteren Problemlöseverhalten – anstatt ein Problem konstruktiv anzugehen wird geklagt. Die Konsequenz davon ist ein Teufelskreis.

Expressives Klagen ist somit weder zielorientiert noch verhilft es zu positiveren Gefühlen. Es ist sinnvoller darauf zu verzichten und den Fokus auf positive Aspekte zu legen. Durch den positiven Fokus werden wiederum positive Emotionen aktiviert, welche zu einem höheren Wohlbefinden führen.

Alternativ zum expressiven Klagen finden sich Möglichkeiten, die konstruktiv eingesetzt werden können. Anstatt sich über die kleinen negativen Dinge zu beklagen, kann man sich über die kleinen positiven Dinge erfreuen. Wieso den Fokus auf die einminütige Zugverspätung legen, wenn der Duft von frischem Kaffee Freude bereiten kann?

Abschliessend, und ganz im Sinne eines Leitsatzes unserer Unternehmung: «Freu dich, wenn es zu warm ist, denn auch wenn du dich nicht freust, schwitzt du trotzdem».

Luca Giani
Organisationsberater

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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